Vor ein paar Monaten habe ich in der Medienzeitschrift Journalist (Ausgabe 05/2017) ein Interview mit dem österreichischen Moderator und Journalisten Armin Wolf gelesen. Eine seiner Antworten ist mir besonders in Erinnerung geblieben:
Am meisten hat Social Media übrigens meinen Bücherkonsum beeinflusst. Ich bin wahnsinnig froh, dass Twitter erst erfunden wurde, als ich 40 war. So hatte ich 30 Jahre Zeit, Bücher zu lesen, wozu ich heute fast nicht mehr komme.
Ich habe deshalb mehrmals an diese Aussage gedacht, weil ich bei mir selbst feststelle, wie soziale Netzwerke mein Leseverhalten und meine Zeitnutzung allgemein verändern – aus meiner Sicht oft nicht in positivem Sinne.
2017: bisher kaum Bücher gelesen
Im Januar hielt ich fest, welche Bücher ich in diesem Jahr lesen möchte. Leider habe ich seitdem erst mit einem davon angefangen (immerhin habe ich ein weiteres gelesen, das nicht auf dem Foto zu sehen ist).
Zwar war ich als Kind oder Teenager nie eine Leseratte, habe abends im Bett aber doch gerne in Romanen oder Sachbüchern geschmökert. Heute ist das Letzte vor dem Einschlafen und das Erste nach dem Aufwachen meist der Blick auf mein Smartphone. Apps wie Facebook, Twitter und Instagram bringen mich jedes Mal aufs Neue dazu, dort nach vermeintlich relevanten Neuigkeiten zu schauen. Meine Leseliste und diverse Zeitungsapps haben immer lesenswerte Artikel parat und bei YouTube warten täglich aktuelle Videos und eine ewig lange später ansehen-Liste auf mich.
Ich habe nicht das Gefühl, grundsätzlich zu wenig zu lesen. Mit all den Meldungen, Tweets, Berichten und Interviews, die ich regelmäßig konsumiere, bin ich wahrscheinlich besser über das aktuelle (politische) Geschehen informiert denn je. Ich denke aber, dass es daneben wichtig ist, sich Themen allgemeiner zu nähern, Hintergründe zu verstehen, sich auf Texte zu konzentrieren und nicht zuletzt Spaß am Lesen zu haben. Ich möchte diese technischen Entwicklungen nicht verteufeln und auch nicht missen – ich nutze mein Smartphone und genannte Apps täglich und sehe das insgesamt als Gewinn. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir – junge wie ältere Smartphonenutzer – den richtigen Umgang mit den dauerhaft verfügbaren Kommunikationsgeräten in unseren Hosentaschen noch viel stärker finden müssen, als wir denken.
Die eigene Nutzung des Smartphones hinterfragen
Ebenfalls vor ein paar Monaten habe ich ein Interview mit Tristan Harris, der sich selbst als Designethiker bezeichnet, gehört. Er hat früher bei Google gearbeitet und sich unter anderem darüber Gedanken gemacht, wie oft und bei welchen E-Mails die Gmail-App eine Benachrichtigung schicken soll. In dem knapp einstündigen Gespräch gibt er viele Anstöße, selbst darüber nachzudenken, wie oft das Smartphone bzw. die darauf installierten Apps bei Tätigkeiten unterbrechen und konstant Aufmerksamkeit verlangen.
Ich habe mir daraufhin für einige Zeit die App Moment auf meinem iPhone installiert, die automatisch aufzeichnet, wie lange das Gerät am Tag genutzt wird. Bei mir kam heraus, dass ich regelmäßig über drei Stunden täglich auf den kleinen Bildschirm schaue – eine für mich unerwartet hohe Zahl. Daneben werden eine Reihe von Tipps angeboten, um die Dauer der Smartphonenutzung zu verringern: So kann es zum Beispiel helfen, die Benachrichtigungen pro App zu überprüfen (Einstellungen → Mitteilungen), abends automatisch den Nicht stören-Modus und die gelbe Bildschirmfärbung zu aktivieren (Einstellungen → Nicht stören bzw. Einstellungen → Anzeige & Helligkeit → Night Shift) oder eine vielgenutzte App zu löschen.
All diese Möglichkeiten, das Smartphone an seine Bedürfnisse anzupassen, sind nur ein Teil eines überlegten Umgangs mit dieser Technologie. Und Smartphones sind sicher nur ein Grund von vielen, warum Menschen wie Armin Wolf und ich weniger Bücher lesen als früher. Sich weiterhin Gedanken darüber machen und mehr Bücher lesen: das nehme ich mir für den Rest des Jahres vor.