Der Fourty Mile Summit im Banff-Nationalpark

Wandern in Banffs Hinterland

Acht Tage Wandern in den kanadischen Rocky Mountains.

Im Jahr 2018 war ich elf Monate lang zum Reisen und Arbeiten in Kanada. Unter dem Titel »Quer durch Kanada« habe ich über meine Erlebnisse berichtet.

Als ich vor einem halben Jahr in Kanadas ältestem Nationalpark Banff ankam, hatte ich schon den Wunsch im Gepäck, eine große Wanderung zu machen. Während meiner viermonatigen Beschäftigung in einem Hotel habe ich viele Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Nationalparkverwaltung geführt,  mich mit Tageswanderungen fit gemacht und zusätzliche Ausrüstung angeschafft. Im Juni bin ich in mein achttägiges Abenteuer aufgebrochen.

Bergwetter ist nicht zu unterschätzen

Obwohl ich mehrere Monate in dem vom Ski- und Wandertourismus geprägten Städtchen Banff (1.400 Höhenmeter) verbracht habe, unterscheidet sich das Wetter im höher gelegenen Hinterland noch einmal deutlich. Ich hatte geplant, mehrere Bergpässe mit einer Höhe von bis zu 2.500 Metern zu überqueren. Parkranger hatten mich gewarnt, dass dort vermutlich noch Schnee liegen werde. Trotzdem wollte ich versuchen, meine geplante Route zu gehen und hatte mich auch auf etwas Schnee eingestellt. Doch schon auf dem ersten Zeltplatz 1 (1.900 Meter) waren einige schneebedeckte Stellen zu sehen. Als ich mich an Tag zwei am ersten Pass versuchte, musste ich nach mehreren Stunden umdrehen. Ich stand teilweise bis zur Hüfte im Schnee, der Weg war nicht zu finden und eine Ankunft am nächsten Nachtlager vor Sonnenuntergang erschien zunehmend unrealistischer. Es war klar, dass ich meine Route ändern musste.

Eine etwa ein Meter dicke Schneeschicht formt eine Brücke über einen Bach.
Auch im Juni liegen in Banffs Hinterland immer noch große Mengen Schnee – Foto: Jonas Schönfelder

Neben dem Schnee in den höheren Lagen waren es außerdem die Wetterumschwünge, die mir mehrmals einen Strich durch die Rechnung machten. Während der acht Tage hat es geregnet, gehagelt und geschneit, manchmal schien die Sonne und es war gefühlt über 25 Grad warm und an anderen Tagen war der Himmel bewölkt.

Aufgrund des Wetters habe ich meine Route stark abgeändert und auch zwei Ruhetage eingelegt, an denen ich hauptsächlich mit Feuer machen beschäftigt war oder im Zelt lag.

Auf dem linken Foto ist ein Wanderweg bei strahlend blauem Himmel zu sehen. Das rechte Foto, 25 Minuten spätr aufgenommen, zeigt ebenfalls einen Wanderweg, der verregnet und voller Pfützen ist.
Die beiden Fotos wurden 25 Minuten nacheinander aufgenommen. Ein Beispiel, wie schnell sich das Wetter in den Bergen ändern kann. – Fotos: Jonas Schönfelder

Begegnungen

Ich hatte mich auf eine einsame Woche eingestellt. Immerhin gibt es im Gebiet meiner Route keinen Handyempfang und auf den Zeltplätzen hatte ich, soweit einsehbar, die einzige Buchung. Doch auch dieser Teil kam anders als erwartet. Als ich am zweiten Tag müde und genervt umdrehte, weil ich aufgrund des Schnees nicht den geplanten Weg gehen konnte, kam mir eine junge Frau entgegen. Wie sich herausstellte, kommt sie aus Russland und heißt Elena. Wir sind zusammen zum Zeltplatz zurückgekehrt, wo wir gekocht und uns ausgeruht haben. Am folgenden Abend sind wir uns auf einem anderen Platz wiederbegegnet und ab da mehrere Tage gemeinsam unterwegs gewesen.

Elena durchquert eine Furt auf dem Weg zum Panther Valley.
Elena durchquert einen Fluss auf dem Weg zum Panther Valley – Foto: Jonas Schönfelder

Außerdem haben wir mehrere Parkranger getroffen, die in unterschieldichen Hütten übernachteten, um von dort aus Untersuchungen durchzuführen oder Tiere zu beobachten. Mehr als zwölf Stunden war ich letztlich nicht allein, allerdings habe ich gemerkt, dass besonders bei schlechtem Wetter die Anwesenheit einer anderen Person die Stimmung erheblich aufbessern kann.

Bisons

Das Highlight meiner Wanderung war die Besichtigung einer jungen Bison-Herde. Ich hatte relativ früh von einem Projekt gehört, mit dem Bisons wieder im Banff-Nationalpark angesiedelt werden sollen, wo sie einst ein natürlicher Teil der Fauna waren. Anfang 2017 wurden 16 ausgewachsene Tiere – 10 Kühe und 6 Bullen – in ein Gehege im Panther Valley gebracht.

Bisons in ihrem Gehege im Panther Valley. Inzwischen können sie sich in einem 1.200 Quadratmeter großem Gebiet frei bewegen.
Bisons in ihrem Gehege im Panther Valley. Inzwischen können sie sich in einem 1.200 Quadratmeter großem Gebiet frei bewegen. – Foto: Jonas Schönfelder

Das Tal ist 40 Kilometer vom Ort Banff entfernt und ist nur zu Fuß, per Pferd oder per Hubschrauber erreichbar. An einem Tag mit sehr viel Regen sind Elena und ich über 30 Kilometer zum Panther Valley gelaufen. Als wir abends gegen 20 Uhr an der Windy Cabin, einer Hütte für Parks Canada-Mitarbeiter, ankamen, baten uns die Ranger Emma und Pete zum Aufwärmen herein und versorgten uns mit Tee und Schokolade.

Das Bison-Gehege wurde nahe der Windy Cabin errichtet, wo die Parkranger während ihren mehrtägigen Schichten wohnen können.
Das Bison-Gehege wurde nahe der Windy Cabin errichtet, wo die Parkranger während ihren mehrtägigen Schichten wohnen können. – Foto: Jonas Schönfelder

Da die beiden während ihrer 9-tägigen Schicht für die Beobachtung und Fütterung der Bison-Herde zuständig sind, konnte ich die Gelegenheit nutzen und Antworten auf einige Fragen erhalten. Da alle 10 Kühe bereits ein Kälbchen geboren haben, bestand die Herde zum Zeitpunkt meines Besuchs aus 26 Tieren und seitdem sind noch weitere hinzugekommen. Im Gehege wurden die Tiere noch gefüttert. Jetzt, wo sie sich laut Bison-Blog in einem 1.200 Quadratmeter großem Gebiet frei bewegen können, werden sie sich ihre Nahrung selbst suchen. Mit GPS-Trackern verfolgt die Parkverwaltung, wohin sich die Tiere bewegen und kann gegebenfalls eingreifen, falls sich die Tiere zum Beispiel in Richtung des Ortes bewegen.

Mein Fazit der Wanderung mit etwas zeitlichem Abstand ist überaus positiv. Zwar musste ich von meinem ursprünglichen Plan stark abweichen und hatte natürlich auch einige Momente, in denen ich mir eine warme Dusche oder bequemes Bett gewünscht habe. In Erinnerung bleibt aber vor allem die gute Erfahrung, viele Tage am Stück in der Natur zu sein, mit reiner Körperkraft an enternte Orte zu gelangen, sich mit der reduzierten Verpflegung zu begnügen und keinen Handyempfang zu haben. Zumindest für eine Woche kann ich dieses Erlebnis sehr empfehlen.

Nachfolgend sind noch weitere Fotos zu sehen. Falls sich eine Leserin/ein Leser für die genaue Route interessiert, habe ich diese Liste meiner Übernachtungsorte erstellt. Mit Hilfe der Backcountry-Übersichtskarte kann die Route grob nachvollzogen werden. Fragen beantworte ich gerne in den Kommentaren.

TagDistanz in kmÜbernachtungsort
123Mystic Valley (Mi22)
2Mystic Valley (Mi22)
316,3Flint’s Park (Cr31)
4Flint’s Park (Cr31)
531Wildcamping – Panther Valley
6Wildcamping – Panther Valley
724Stoney Creek (Cr15)
815Banff (Ende der Wanderung am Lake Minnewanka)

  1. Die backcountry campgrounds unterscheiden sich stark von den typisch deutschen Zeltplätzen. In der Regel sind fünf bis zehn Stellflächen für Zelte, ein Plumpsklo und eine 50 Meter entfernte Kochstelle mit einer Aufhängeeinrichtung für Lebensmittel vorhanden. Eine Registrierung ist im Voraus nötig, da niemand dauerhaft vor Ort ist.

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