Blick auf die Stadt Banff vom Gipfel des Sulphur Mountain

Arbeit, wechselnde Gefühle & Tauwetter

Im Jahr 2018 war ich elf Monate lang zum Reisen und Arbeiten in Kanada. Unter dem Titel »Quer durch Kanada« habe ich über meine Erlebnisse berichtet.

Seit über einem Monat wohne ich nun in dem Ort Banff im gleichnamigen Nationalpark in den Rocky Mountains. Wie bereits im vergangenen Rundbrief erwähnt, habe ich eine Stelle als „Public Area Cleaner“ im Rimrock-Hotel erhalten.

Am 8. Februar fand eine Einführungsveranstaltung statt, an dem die etwa 20 neuen Mitarbeiter die Verträge unterschrieben und Informationen über das Hotel erhielten. Am Nachmittag konnten wir unsere Mitarbeiterunterkunft beziehen. Ich wohne mit Tomáš aus der Slowakei und mit George aus Tschechien zusammen, die beide drei Jahre älter sind als ich und auch schon ein paar Monate im Hotel arbeiten. Ich verstehe mich gut mit ihnen und trotz unterschiedlicher Arbeitszeiten stören wir uns nicht gegenseitig.

So sieht es in unserem Zimmer in der Mitarbeiterunterkunft aus. Ich schlafe im linken Bett.
So sieht es in unserem Zimmer in der Mitarbeiterunterkunft aus. Ich schlafe im linken Bett. – Foto: Jonas Schönfelder

Die Arbeit

Am 9. Februar, also genau heute vor einem Monat, war mein erster Arbeitstag. Ich wurde zehn Tage lang in verschiedene Bereiche und eingearbeitet und gehe seitdem meiner eigentlichen Tätigkeit, der Reinigung öffentlicher Bereiche, nach. Meistens arbeite ich in der Spätschicht von 14:30 bis 23:00 Uhr. Zu den Aufgaben zählen unter anderem das Reinigen von Toiletten, die Müllentsorgung sowie das Fegen und Wischen von Restaurants und Gängen. Die Aufgaben an sich stören mich nicht und ich finde sie auch nicht eklig, aber die Arbeit ist langweilig und eintönig. Ich bin geistig quasi nicht gefordert. Deshalb habe ich schon mehrmals an eine Kündigung gedacht. Die Alternativen erscheinen mir aber auch nicht viel besser; zudem müsste ich schnell eine andere Stelle finden, da ich vor dem Sommer Geld verdienen möchte, um dann weiter reisen zu können. Außerdem sind hier die Umstände wie eine kostenlose Mahlzeit pro Tag und eine Unterkunft zum fairen Preis gut. Ich versuche die Arbeit als Herausforderung anzusehen, die ich für weitere drei Monate hoffentlich aushalten werde.

Mir ist durch die Tätigkeit deutlich geworden, was für ein Glück ich als junger Europäer habe, der eine gute Bildung genossen hat. Ich kann in Zukunft wahrscheinlich einen Beruf ausüben, der mir Spaß macht, in dem ich einen Sinn sehe und der abwechslungsreich ist, während Millionen Menschen auf der Welt nur arbeiten, um sich und ihre Familie über Wasser zu halten.

Die Kollegen

Deswegen habe ich auch großen Respekt vor meinem Kollegen Alistair, der auf den Philippinen geboren wurde. Er macht den gleichen Job wie ich seit fünf Jahren. Da würde ich wahnsinnig werden. Er strebt die kanadische Staatsbürgerschaft an und kann sich in ein paar Jahren darauf bewerben.

Außer ihm leben und arbeiten auch viele andere Asiaten im Hotel – Philippiner, Tibeter, Chinesen, Malaysier etc. Eine weitere große Gruppe stellen die Australier und Neuseeländer – meist Aussies und Kiwis genannt. Sie bekommen wie die Franzosen ein Arbeitsvisum für zwei Jahre. Daneben gibt es Südamerikaner und natürlich auch Kanadier, wobei letztere hauptsächlich in höheren Positionen bzw. im Büro arbeiten.

An einem freien Tag war ich mit zwei Kollegen Ski-Langlaufen.
An einem freien Tag war ich mit zwei Kollegen Ski-Langlaufen. – Foto: Jonas Schönfelder

Die letzte große Gruppe sind die Deutschen. Die meisten haben im vergangenen Jahr die Schule beendet und sind dementsprechend 18 bis 20 Jahre alt. Am Anfang war ich gar nicht so erfreut, so viele Landsleute zu treffen, da ich ich ja mein Englisch verbessern und generell mehr über die kanadische und andere Kulturen lernen möchte. Die anderen Deutschen hier hängen meinem Eindruck nach viel aufeinander. Mittlerweile freue ich mich aber auch, mich mit anderen Deutschen zu unterhalten oder was mit ihnen zu unternehmen. Der Kontakt zu Kollegen anderer Herkunft kommt aber zum Glück auch nicht zu kurz.

Der Ort Banff

Banff ist eine Kleinstadt mit circa 7.500 Einwohnern. Der Ort liegt im Nationalpark, weshalb hier auch nur Menschen wohnen dürfen, die im Ort arbeiten. Zwar wird man nicht aus der Stadt gescheucht, wenn man in Rente geht, aber ein eventuell im Besitz befindliches Haus muss dann wieder von jemanden gekauft werden, der hier arbeitet.

Es gibt viele Restaurants, Hotels, Souvenir- und Bekleidungsläden, aber auch ein Kino, ein Sportzentrum mit Schwimmbad und Kletterhalle, mehrere Clubs, Kneipen und Museen. Die Stadt fühlt sich wie ein eigener kleiner Kosmos an und man ist ohne Auto auch ziemlich abgeschieden. Aufgrund der vielen jungen Leute aus aller Welt gibt es am Wochenende zum Beispiel ein recht ausgeprägtes Nachtleben, was ich aus meiner Heimatstadt Arolsen mit rund 10.000 Einwohnern so nicht kenne.

Letztlich existiert der Ort aber nur, weil jedes Jahr viele Touristen in den Nationalpark kommen. 2017 waren es über 4 Millionen und drei Viertel davon im Zeitraum von Mai bis September. Ich bin also gespannt, wie sich das Straßenbild in den nächsten Monaten verändert.

Tauwetter in Banff

Apropos Veränderung: In den letzten Tagen sind die Temperaturen merklich gestiegen und die bis vor kurzem dauerhaft mit Schnee bedeckten Straßen werden wieder Asphalt-Schwarz. Überall taut es und für die nächsten Tage sind durchgehend Plusgrade vorhergesagt. Mir hat der Winter hier zwar nichts ausgemacht, aber ich freue mich auch, die Veränderung der Landschaft zu sehen. Ach ja, die Bären wachen demnächst auch aus ihrem Winterschlaf auf.

Ich wünsche euch allen auch einen schönen Frühlingsanfang nach den in Deutschland ungewöhnlich tiefen Temperaturen.

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