Blick von der Altstadt auf die Neustadt. Das große Gebäude am rechten Bildrand ist das Explorer Hotel, in dem wir arbeiten.

Yellowknifes Besonderheiten, wieder Hotel und Nordlichter

Im Jahr 2018 war ich elf Monate lang zum Reisen und Arbeiten in Kanada. Unter dem Titel »Quer durch Kanada« habe ich über meine Erlebnisse berichtet.

Die Zeit in Kanada vergeht wie im Flug. Inzwischen bin ich fast zehn Monate hier und bin immer noch nicht müde, das Land zu erkunden. Als ich den vorherigen Rundbrief schrieb, waren Eymi und ich erst seit zwei Tagen in Yellowknife, der Hauptstadt der Nordwest-Territorien. Kurz danach haben wir uns auf die Suche nach Arbeit begeben, denn nach dem Autokauf und unserer Fahrt durch Kanada waren unsere Geldreserven ziemlich erschöpft.

Arbeit ist schneller gefunden als erhofft

An einem Tag sind wir mit Lebensläufen im Gepäck zu verschiedenen Hotels und Restaurants gegangen, um uns zu bewerben und haben am selben Tag direkt Stellenangebote von zwei Hotels bekommen. Wir entschieden uns für das bessere und arbeiten seither beide im Explorer Hotel und putzen Zimmer. Ich war zu Beginn richtig unglücklich, dass wir so schnell Arbeit gefunden haben, weil das auch bedeutete, unser schönes Reiseleben ebenso schnell gegen den langweiligen Hotelalltag einzutauschen.

Ich könnte auch unzählige Dinge aufzählen, die mich an der Arbeit in diesem Hotel im Speziellen und an der bedeutungslosen Arbeit „Zimmer reinigen“ im Allgemeinen stören. Ich denke aber, dass ich im Vergleich zu vielen Kolleginnen und Kollegen hier dennoch eine privilegierte Position habe: Ich kann mich gut auf Englisch verständigen (was bei Arbeitskräften aus Vietnam, Eritrea, Taiwan etc. häufig nicht der Fall ist), bin auf das Geld nicht im selben Maß angewiesen (wie z.B. eine Frau mit Kind) und werde – zum Glück – das Hotel Ende November wieder verlassen und habe die Aussicht, in Deutschland mehr Geld zu verdienen.

Auch wenn mir die Arbeit keinen Spaß bereitet oder mich ernsthaft fordert, bringt sie mir etwas: Ich verstehe besser, wie sich Menschen fühlen, die unliebsame Tätigkeiten nur machen, um sich selbst und ihre Familie über Wasser zu halten. Und es zeigt, wie sehr ich Glück hatte, in Deutschland und in guten Verhältnissen aufzuwachsen.

Hausboote vor Yellowknife
Hausboote vor Yellowknife – Foto: Jonas Schönfelder

Die Stadt Yellowknife

Ich habe es bereits in der letzten E-Mail geschrieben: Yellowknife wirkt auf den ersten Blick wie eine normale Kleinstadt, die alle üblichen Geschäfte und Freizeitangebote bietet. Ein genauerer Blick offenbart dann aber doch viele Unterschiede.

Zum einen ist die raue Felslandschaft allgegenwärtig. Yellowknifes Altstadt wurde auf einem großen Felshügel („the rock“ genannt) erbaut, weshalb es dort bis heute keine unterirdischen Leitungen gibt und regelmäßig Tanklaster Frischwasser bringen bzw. das Schmutzwasser aus Tanks abpumpen. Von diesem Felshügel kann man auch gut eine Bucht überblicken, in der viele Hausboote liegen. Dies geht auf einen Disput einiger Yellowknifer mit der Stadtverwaltung Ende der 1970er-Jahre zurück, die dann außerhalb der Jurisdiktion der Stadt Hausboote platziert haben, auf denen sie wohnen.

Wasserflugzeug auf dem Großen Sklavensee
Wasserflugzeug auf dem Großen Sklavensee – Foto: Jonas Schönfelder

Zwei weitere Dinge, die andernorts eher unüblich sind:

  • Wasserflugzeuge: bringen Fracht und Personen in weiter abgelegene Gegenden. Die sogenannten Bush Pilots haben bei der Erschließung des Gebiets auch eine wichtige Rolle gespielt. Um Missverständnisse vorzubeugen: Es gibt auch einen normalen Flughafen mit asphaltierten Rollflächen.
  • Eisstraßen: Logischerweise nur in der kalten Jahreszeit werden zugefrorene Seen und Flüsse als Straßen für Autos und LKW genutzt. Die Fahrt zum Ort Dettah, in dem etwa 200 Mitglieder der Dene First Nations leben, ist so im Winter nur 6 km lang, wogegen im Sommer der Weg 27 km lang um den See herumführt. Wirtschaftlich werden die Eisstraßen vor allem als Verbindung zu den mehrere hundert Kilometer entfernten Diamantminen genutzt, um so schwere Gerätschaften und Nachschub per Laster anstatt per Flugzeug zu transportieren.
Eymi und ich in dem kleinen Ort Dettah
Eymi und ich in dem kleinen Ort Dettah – Foto: Jonas Schönfelder

Freizeit, Nordlichter und weitere Planung

Apropos kalte Jahreszeit: Die Temperaturen sind hier schon stark gesunken und wir haben derzeit tagsüber um die null Grad Celsius. Zum Glück haben wir den September noch gut genutzt und waren zweimal Zelten, bevor die Plätze Mitte September geschlossen wurden. Dabei konnten wir auch Nordlichter sehen, für die Yellowknife bekannt ist und weshalb unglaublich viele Touristen aus Japan und China hierherkommen. Den spektakulärsten Blick auf die Lichter hatten wir allerdings von der Veranda unserer Mitarbeiterunterkunft: Wir haben die Polarlichter in verschiedenen Farben tanzen sehen.

Nordlichter
Nordlichter – Foto: Jonas Schönfelder

Die verbleibende Zeit in Kanada ist inzwischen auch geplant. Wir werden bis zum 23. November im Hotel arbeiten und dann nach Vancouver fahren (mit zwei Tagen Aufenthalt im Jasper-Nationalpark). Dort werden wir unser Auto verkaufen und am 9. Dezember zurück nach Deutschland fliegen.

Ich wünsche euch einen guten Übergang in die kalte Jahreszeit und freue mich schon darauf, euch wiederzusehen.

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